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Wozu braucht man eigentlich digitale Geräte?

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Thema:
Autor: Thomas Tauchnitz

Dr.-Ing. Thomas Tauchnitz, Chefredakteur Industry des atp magazins, erklärt, warum der Einsatz von digitalen Geräten sinnvoll ist.

 

Eine lebhafte Diskussion
Zu meinen liebsten Aufgaben gehören Schulungen zu PLT-Themen, die ich u. a. beim VDI-Wissensforum unter dem Titel „Prozessleittechnik für die Verfahrensindustrie“ halte. Dazu gehören natürlich auch die Themen der Feldkommunikation: 4…20-mA-Stromsignal, 4…20-mA-HART, Feldbus (Profibus, FF) und Ethernet APL.
Spannend ist immer die Diskussion: Warum sind wir Automatisierer eigentlich mit der einfachen, bewährten, robusten und langlebigen Kommunikation mit dem 4…20-mA-Stromsignal nicht zufrieden? Sind die Vorteile einer digitalen Kommunikation wirklich so groß, dass sich der Mehraufwand lohnt? Dieses kritische Hinterfragen, gerade durch unsere VT-Kolleginnen und Kollegen, führt zu wertvollen Gesprächen, an denen ich Sie teilhaben lassen will.

Also: wozu braucht man digitale Geräte?

  • Die Behauptung, dass „4…20-mA-Geräte“ einfacher seien als Geräte mit digitaler Kommunikation, ist eine Milchmädchenrechnung. Sie haben genauso viele Parameter, die eingestellt werden müssen, lediglich die Vergabe einer Netzadresse ist ein zusätzlicher Aufwand.
  • Digitale Kommunikation ist genauer als der analoge Umweg: vom digitalen Signalwandler durch den Digital-Analog-Wandler über das Kabel und über den Analog-Digital-Wandler zurück in einen digitalen Wert. Dieses Fehlerrisiko von ca. 0,2 % können wir vermeiden.
  • Die digitale Kommunikation hilft, Ausfälle zu vermeiden und erhöht so die Anlagenverfügbarkeit. Die Geräte führen eine Selbstdiagnose durch und können die Ergebnisse melden, z. B. wenn die Temperatur in der Elektronik zu hoch wird oder die benötigten Kräfte für eine Ventilbewegung zunehmen. Wir hatten im Sommer mal 60°C in unseren Anschlusskästen und merkten das erst, als die Komponenten ausfielen.
  • Durch die Kommunikation werden Geräte nicht mehr „auf Verdacht“ mit hohem Aufwand ausgebaut und in die Werkstatt geschickt. Wenn kein Durchfluss gemessen wird, kann man erkennen, ob das Gerät gestört ist oder eventuell die Leitung verstopft.
  • Moderne Geräte sind intern immer digital und stellen daher ein IT-Risiko da. Zugegeben, bei 4…20 mA laufen sie im Inselbetrieb und sind daher relativ gut geschützt. Aber nicht absolut: Parametrieren per Bluetooth oder der USB-Stecker des Instandhaltungspersonals können auch bei diesen Geräten ein Virus einschleusen, das dann völlig unentdeckt ist.
  • Neu entwickelte Geräte sind eigentlich nur mit digitaler Kommunikation sinnvoll, z. B. Multivariablen-Sensoren, PAT-Geräte oder das Focus-On-Gerät als Stellventil mit Sensorik.
  • Digitale Kommunikation ermöglicht eine Diagnose aus der Ferne. Natürlich: Es ist sicherer, wenn ein eigener Handwerker oder Technikerin die Fehlersuche durchführt, aber wer hat die noch? Auf Schicht? Und in Zukunft bei Fachkräftemangel und ausgedünnten Schichten? Da kann der Fernsupport absolut notwendig sein.
  • Ein Qualitätsaspekt: Wer sicher ist, dass in seinem Betrieb alle Geräte so laufen, wie sie in den Plänen stehen, und alle Parameter so wie dokumentiert, hebe die Hand. In der Praxis … man weiß nie, wer wann an welchem Gerät war und was vor Ort eingestellt ist. Der schon 2021 in NE 176 „NOA Informationsmodell“ definierte Use Case „Automatisiert as built“ setzt digitale Kommunikation voraus. Und für GxP und Sicherheitseinrichtungen ist er eigentlich unabdingbar.
  • Wir reden seit elf Jahren über Industrie 4.0 mit einer durchgängigen horizontalen und vertikalen Integration. Wer heute noch Feldgeräte mit 4…20 mA kauft, schafft neue Altlasten. Seine Nachfolgerin könnte ihn verfluchen.
  • Zum Schluss eine Zukunftsvision: Statt Feldgeräte auszutauschen, könnte man sie durch Upgrades verbessern. Das ist ökologisch sinnvoller. Und wir werfen unsere Navis ja auch nicht weg, wenn die Karten veraltet sind, sondern aktualisieren sie.

Am Ende geht es nicht darum, dass „wir Automatisierer“ eine digitale Kommunikation wollen, sondern dass unsere Betriebe sie brauchen, um besser zu werden. Es wäre schlecht, wenn wir das nicht vermitteln könnten.

Dr.-Ing. Thomas Tauchnitz
Chefredakteur Industry atp magazin
atp@TAUTOMATION.consulting

PS: Bevor mich jetzt die Freunde und Freundinnen von „4..20 mA mit HART“ lynchen: Natürlich ist auch das eine digitale Kommunikation. Allerdings mit 1.200 Bit pro Sekunde, verglichen mit 10.000.000 Bit pro Sekunde bei Ethernet APL. So viel Kaffee, wie ich da in der Warteschleife trinke, ist nicht gut für das Herz.
PPS: Im September-Heft des atp magazins gab es einen Market Survey zu APL-Komponenten. Zur ACHEMA 2024 wird es ein Update dieser Markübersicht geben. Wir schreiben die uns bekannten Lieferanten mit einem geringfügig erweiterten Fragebogen an. Falls auch Ihr Unternehmen Angebote zu Ethernet APL hat, Sie aber bis Ende Februar kein Anschreiben bekommen haben, wenden Sie sich bitte an uns.

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