Dr.-Ing. Thomas Tauchnitz, Chefredakteur Industry des atp magazins, berichtet über die Preisträger des „Industry 4.0 Award“.
Der Industrie 4.0 Award
Ich gebe es zu: Ich hatte bisher weder etwas von der Management-Consulting AG „ROI-EFESO“ gehört noch von dem „renommierten Industrie 4.0 Award“, den sie seit 2013 jedes Jahr verleiht. In diesem Jahr habe ich mir die Zeit genommen, mir die Präsentationen der fünf Preisträger anzuschauen und empfehle Ihnen, sich ebenfalls eine Stunde zu nehmen. Es lohnt sich (auch wenn man natürlich die Hochglanz-Präsentationen wie immer kritisch hinterfragen muss)! Zu jedem Preis gibt es außerdem einen Film von vier bis acht Minuten Dauer. Hier die Preisträger der fünf einzelnen Kategorien im Kurz-Profil:
- Die BMW-Gruppe, Werk Steyr in Österreich, erhielt den Preis in der Kategorie „Discrete Manufacturing“. Es geht um Entwicklung und Montage elektrischer Antriebssysteme. Schwerpunkte sind ein ganzheitlicher Industrie-4.0-Ansatz, abteilungsübergreifende Einbindung des Personals in die digitale Transformation, Orchestrierung von 200 Entwicklungen über ein eigenes “InnoLab” sowie bildbasierte KI-Qualitätskontrolle.
- Der chinesische Hersteller von Lithium-Ionen-Akkus, CATL, erhielt für sein Werk in Ningde, China, den Preis in der Kategorie „Process Industry“. Schwerpunkt ist eine ganzheitliche Industrie-4.0-Lösung, die alle Geschäftsbereiche von der Fabrikplanung über Produktdesign und Produktion bis hin zur Produktnutzung integriert. Zur Implementierung wird ein Baukasten von „I4.0-enabling technologies“ verwendet.
- Der Online-Fertiger FACTUREE aus Berlin erhielt den Preis in der Kategorie „Manufacturing Platform“. Mit einem digitalisierten Beschaffungsprozess für Zeichnungsteile wird ein Produktionsnetzwerk mit ca. 2.000 Fertigungspartnern und ca. 15.000 Maschinen genutzt. Geeignete Produktionspartner werden ausgewählt und mit einem eigenen Preisfindungsalgorithmus angeboten.
- Das Werk Dalian, China, der Volkswagen FAW Engine gewann den Preis der Kategorie „Smart Factory“. Elemente davon sind die Digitalisierung des Wertstroms, eine durchgehende Produktionsdatenmanagement-Lösung, Tracking & Tracing und vorausschauende Wartung.
- Die Haier Shanghai Washing Machine gewann den Preis der Kategorie „Smart Sustainability“. Durch Digitalisierung und Automatisierung wurde die Produktionseffizienz um 40 % gesteigert, das Qualitätsniveau um 30 % erhöht, die Produktionsdurchlaufzeit um 30 % gekürzt und die Wartungskosten um 20 % reduziert.
Gut gemacht!
Bei einigen Punkten bin ich mir nicht sicher, ob die Grundsätze von Industrie 4.0 wirklich umgesetzt wurden – horizontale Integration, vertikale Integration, Durchgängigkeit der Daten über die gesamte Wertschöpfungskette – oder ob nicht doch die eine oder andere proprietäre Sonderlocke von Hand gedreht wurde. In meinen Augen ist hier aber vieles gut gemacht:
- Gut präsentiert – auch wenn manches Schaumschlägerei sein mag: Der Grundsatz „tue Gutes und rede darüber“ wurde hier gelebt, der uns Ingenieurinnen und Ingenieuren häufig so schwer fällt. Wir machen gute Lösungen und freuen uns darüber nur im stillen Kämmerlein.
- Gut umgesetzt: Machen kommt von „machen“, nicht von schwätzen, von Konzept entwickeln, Folien zeigen oder Strategien veröffentlichen. Das alles gehört natürlich dazu, aber nur die Umsetzung, das Machen, bringt den Erfolg.
- Gut genutzt: Wenn die Erfolge auch nur annähernd real beschrieben wurden, hat die Digitalisierung diese Unternehmen verbessert. Wer gleichzeitig Kosten spart, Qualität verbessert und Prozesse beschleunigt, steht einfach besser da im Konkurrenzkampf, und das nutzt den Mitarbeitenden, Eigentümern und auch den Kunden.
Lassen Sie sich also anregen durch diese fünf Blicke über den Werkszaun.
Dr.-Ing. Thomas Tauchnitz
Chefredakteur Industry atp magazin
atp@TAUTOMATION.consulting