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Klima, Kosten und Corona treiben Mobilitätswende

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Autor: Charlotte Lange

Steigende Energiepreise, die Corona-Pandemie, das 9-Euro-Ticket und die Klimakrise verändern das Mobilitätsverhalten so stark wie nie zuvor. Dabei wird neuen Mobilitätsangeboten wie Ride Pooling, Ride Hailing und den verschiedenen Sharing-Angeboten vom Fahrrad über E-Scooter und E-Moped bis zum Carsharing zugesprochen, Ressourcen zu schonen und zugleich kostengünstiger zu sein als klassische Mobilitätsformen. Auch die Bereitschaft zur Nutzung autonomer Verkehrsmittel steigt – wobei die große Mehrheit für die nahe Zukunft nicht mit einem entsprechenden Angebot rechnet. Das sind Ergebnisse einer repräsentativen Befragung im Auftrag des Digitalverbands Bitkom unter 1.005 Personen ab 16 Jahren in Deutschland.

„In der Mobilität erleben wir eine Zeitenwende, die diesen Begriff verdient“, sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. „Die Menschen steigen aufs Rad oder ersetzen den eigenen Wagen durch Carsharing. Mit Hilfe digitaler Technologien in der Verkehrsinfrastruktur und bei neuen Mobilitätsangeboten haben wir die Chance, jetzt die Weichen für eine nachhaltigere Mobilität zu stellen, die für die Breite der Bevölkerung verfügbar und bezahlbar ist.“

Gründe im veränderten Mobilitätsverhalten

96 % geben an, in den letzten Jahren ihr Mobilitätsverhalten grundlegend verändert zu haben – aus sehr unterschiedlichen Gründen. Rund die Hälfte nennt die Klimakrise als Grund, jeweils 4 von 10 das 9-Euro-Ticket sowie den gestiegenen Benzinpreis und 30 % die Angst vor einer Ansteckung mit dem Corona-Virus. 17 % haben ihr Mobilitätsverhalten aufgrund des Chaos an den Flughäfen verändert, 16 % wegen der häufigeren Arbeit im Homeoffice, 13 % aufgrund der Unzuverlässigkeit im Bahnverkehr und 7 % wegen des Wegfalls von Dienstreisen.

„Klima, Corona und Kosten – aus diesen drei Gründen verändern die Menschen ihr Mobilitätsverhalten“, so Rohleder.

Fortbewegungsmittel im Vergleich

Der große Gewinner der Mobilitätswende ist das Fahrrad. 39 % nutzen das Fahrrad häufiger, 16 % seltener. Ein Viertel setzt häufiger auf sogenannte On-Demand-Angebote wie Ride Pooling oder Ride Hailing. Der eigene Pkw wird von 22 % häufiger genutzt, 36 % lassen ihn aber öfter stehen. Ebenfalls 22 % fahren häufiger Bus und Bahn im Nahverkehr, 37 % aber seltener. Carsharing wird von 20 % häufiger genutzt, von 14 % seltener. Und Bike-, E-Scooter- und Moped-Sharing ist bei 14 % beliebter, bei 15 % weniger beliebt als früher.

Die großen Verlierer sind der Schienenfernverkehr, das Taxi und das Flugzeug. 10 % fahren häufiger im Fernverkehr mit der Bahn, 35 % tun dies seltener. Lediglich 2 % steigen häufiger ins Taxi, 46 % aber seltener. Im Flugverkehr ist das Bild noch klarer: 2 % nutzen häufiger das Flugzeug und 75 % tun dies seltener.

Zwei Drittel könnten auf eigenen Pkw verzichten

Mit den bestehenden Nahverkehrsangeboten ist eine Mehrheit unzufrieden. 55 % sagen, sie seien sehr oder eher unzufrieden, 43 % sind eher oder sehr zufrieden. Damit nimmt die Kritik am ÖPNV verglichen mit dem Vorjahr weiter zu. 2021 standen 48 % Zufriedene 49 % Unzufriedenen gegenüberstanden.

Dabei gilt: In Großstädten ist die Unzufriedenheit aktuell mit 44 % am geringsten, in Städten mit 20.000 bis 100.000 Einwohner liegt sie bei 56 % und in kleineren Orten sogar bei 62 %.

Breites Mobilitätsangebot

Neue Mobilitätsangebote würden vielen Menschen auch den Abschied vom eigenen Pkw erleichtern. Unter denjenigen, die ein Auto im Haushalt haben, würden 40 % darauf verzichten, wenn andere Mobilitätsangebote zur Verfügung stünden, 32 %, wenn die bestehenden Mobilitätsangebote günstiger wären. Rund ein Viertel könnte das eigene Auto aufgeben, falls attraktive Sharing-Angebote in der direkten Umgebung vorhanden wären, bei 14 % gilt dies bei der Verfügbarkeit von On-Demand-Angeboten. 22 % nennen als Voraussetzung für den Abschied vom Privat-Pkw, dass Bahnhöfe durch Sharing- oder On-Demand-Angebote erreichbar wären, für 7 % käme es in Frage, wenn ihnen der Arbeitgeber ein Mobilitätsbudget anbieten würde.

Verbote schrecken dagegen weniger ab. Nur 12 % würden auf das eigene Auto verzichten, falls Parken vor der Haustür teurer oder verboten würde, 9 %, falls es ein Autoverbot in der Innenstadt gäbe. Mehr als ein Drittel würde unter keinen Umständen auf den Privat-Pkw verzichten wollen.

Rohleder: „Ganz offenkundig lässt sich ein klimafreundlicheres Mobilitätsverhalten nicht erzwingen. Die Mobilitätswende funktioniert nur mit attraktiven Alternativen zum Privat-Pkw.“

Neue Mobilitätsangebote als Antwort auf aktuelle Krisen

Die große Mehrheit sieht in neuen Mobilitätsangeboten eine Chance, die aktuellen Herausforderungen zu meistern. 89 % sind überzeugt, dass mit ihnen die Lebensqualität auf dem Land erhöht werden kann. 82 % glauben, dass ihre Nutzung ein Beitrag zum Klimaschutz ist und 79 % meinen, dass digitale Technologien allgemein einen Beitrag zum Klimaschutz leisten können. Ebenso viele betonen, dass Fahrgäste mit neuen Mobilitätsangeboten für weniger Geld von A nach B kommen. 63 % gehen davon aus, dass neue Mobilitätsangebote den ÖPNV attraktiver machen, weil der Weg zu den Stationen flexibler bewältigt werden kann. Und 58 % sagen, neue Mobilitätsangebote reduzieren den Verkehr in der Stadt.

„Wir sollten alle Möglichkeiten nutzen, innovative Mobilitätsangebote auf die Straße und Schiene zu bekommen. Es gibt eine große Bereitschaft in der Bevölkerung, umzusteigen. Umso wichtiger ist es, dieser Nachfrage auch ein entsprechendes Angebot gegenüberzustellen“, so Rohleder.

Angebote wie Ride Pooling und Ride Hailing genießen in der Bevölkerung einen guten Ruf. So stehen dem Ride Pooling, bei dem per Algorithmus automatisch Fahrgemeinschaften von Fahrgästen gebildet werden, die ein ähnliches Ziel haben, 83 % gegenüber. Beim Ride Hailing, bei den Fahrgästen über eine App ein Auto mit professionellem Fahrer ähnlich wie bei einer Taxifahrt buchen und die Fahrt exklusiv für sich haben, sind 71 % positiv eingestellt:

Sharing spart Geld und schützt die Umwelt im Alltag

Überwiegend positiv werden auch die unterschiedlichen Sharing-Angebote eingeschätzt. 86 % sehen in ihnen eine umweltfreundliche Alternative zu bestehenden Angeboten. Nur 8 % befürchten, dass sie für mehr Verkehr sorgen und die Umwelt belasten. 80 % gehen davon aus, dass sich so Geld sparen lässt, 10 % befürchten, dass die Angebote dazu verleiten, mehr Geld auszugeben. Und die überwiegende Mehrheit hält Sharing vor allem für den Alltag geeignet, 11 % eher für Urlaubs- und Dienstreisen.

„Sharing hat großes Potenzial, vor allem wenn es gelingt, die Angebote aus der engsten Innenstadt in die Randregionen oder sogar auf das Land auszuweiten, wo sie in Ergänzung des oft unzureichenden ÖPNV-Angebots das größte Potenzial entfalten könnten“, so Rohleder.

Bei den Nutzer:innen und Nutzern der unterschiedlichen Sharing-Angebote gibt es eine hohe Zufriedenheit. 81 % sind mit ihnen ganz allgemein zufrieden, nur 17 % unzufrieden. Am besten wird der Buchungsvorgang per App bewertet, dahinter folgen die Vielfalt des Angebots, die Verfügbarkeit in der Nähe sowie der Zustand der Fahrzeuge. Kritischer bewertet werden die Kostentransparenz, der Preis und die Informationen zum Fahrzeug wie Ladezustand oder Vorschäden.

Bereitschaft zur Nutzung autonomer Verkehrsmittel steigt

Mobilitätsangebote könnten sich durch Technologien zum autonomen Fahren künftig stark verändern. In der Bevölkerung gibt es eine große und stetig steigende Bereitschaft, autonom fahrende Verkehrsmittel zu nutzen. So würden 71 % in ein autonomes Taxi steigen 68 % in eine fahrerlose U- oder S-Bahn sowie 67 % in einen autonomen Bus und 66 % in einen autonomen Mini- oder Shuttle-Bus. In einen autonom fahrenden privaten Pkw würden sich 63 % setzen, 54 % in einen fahrerlosen Regional- oder Fernzug.

Allerdings gibt es erhebliche Zweifel, dass entsprechende Angebote in Deutschland zeitnah genutzt werden können. So gibt es seit 1. Juli zwar einen rechtlichen Rahmen, der autonom fahrende Mini-Busse und Taxis auf regulären Straßen zulässt. Allerdings glaubt niemand, ein solches Angebot in den kommenden Monaten nutzen zu können, nur 3 % rechnen damit in ein bis zwei Jahren und 9 % in fünf Jahren. Dagegen glauben 26 %, dass bis dahin noch zehn Jahre vergehen – und rund die Hälfte erwartet nicht einmal in mehr als 10 Jahren ein solches Angebot.

„Deutschland ist, was den Rechtsrahmen für das autonome Fahren angeht, ein europäischer und weltweiter Vorreiter. Jetzt muss es darum gehen, entsprechende Angebote auch wirklich auf die Straße zu bekommen. Das kann durch bestehende ÖPNV-Anbieter passieren, aber auch durch neue Anbieter, die sich auf autonomes Fahren spezialisieren“, so Rohleder. „Wichtig ist, länderübergreifende und einheitliche Verfahren für die Genehmigung beim vernetzten und autonomen Fahren zu schaffen und Städte und Kommunen bei der Umsetzung der Mobilitätswende nicht allein zu lassen.“

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