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EU Green Deal: VCI zieht durchwachsenes Fazit zur Halbzeit

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Autor: Jonas Völker

GreenDeal VCI

Der VCI hat zur Halbzeit des Green Deals eine Zwischenbilanz gezogen und zeigt anhand einer interaktiven Grafik auf, was die Transformation der Prozessindustrie befördert, aber auch was sie behindert. Der EU Green Deal (EGD) wurde von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im Dezember 2019 ausdrücklich als Wachstumsstrategie für die EU vorgestellt, die zugleich den Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft hin zu mehr Nachhaltigkeit erreichen soll.

Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg änderte Prioritäten nicht

Doch schon Anfang 2020 haben laut VCI die Corona-Pandemie und im Februar 2022 der russische Angriffskrieg auf die Ukraine die Debatten der Mitgliedstaaten der EU weg von den langfristigen Transformations- und Nachhaltigkeits-Zielen des Green Deals geführt. Energiesicherheit, bezahlbare Strompreise für Bürger und Unternehmen sowie mehr Resilienz für den Wirtschafts- und Industriestandort EU gewannen an Bedeutung. Die Kommission hielt unterdessen unbeirrt am Green Deal fest und änderte ihre Prioritäten vorerst nicht.

Der Verband hat aus Sicht der chemisch-pharmazeutischen Industrie eine Auswahl und Bewertung der wichtigsten Maßnahmen des Green Deal vorgenommen und danach unterschieden, ob sie die Transformation eher beschleunigen oder behindern. Die Bewertung bezieht sich auf die ersten zweieinhalb Jahre “Green Deal” von Dezember 2019 bis Juni 2022. Manche Maßnahmen verfolgen dabei laut VCI ein wichtiges Ziel. Jedoch sei ihre konkrete Ausgestaltung unklar oder lasse eine problematische Umsetzung erwarten. Auch seien die Maßnahmen zur Halbzeit unterschiedlich weit in ihrer Umsetzung fortgeschritten: Manche seien bislang nur von der Kommission angekündigt worden, andere befänden sich bereits im Gesetzgebungsprozess oder in der regulatorischen Umsetzung.

Fazit und Forderungen Halbzeitbewertung Green Deal

Die Kommission habe in den ersten zweieinhalb Jahren des Green Deals ein hohes Tempo vorgelegt und ihren Transformationskurs unbeirrt weiterverfolgt. Knapp die Hälfte der legislativen Vorschläge des Green Deal (61 von insgesamt 130) stünden jedoch noch aus. Allerdings hätten sich die ambitionierten Zeitpläne mehrmals verschoben, z. B. im Bereich der Chemikalienstrategie für mehr Nachhaltigkeit. Fortschritte habe es laut VCI insbesondere im Bereich Klima und Energie, Forschung (Horizon), Kreislaufwirtschaft und Industrie (Industriestrategie) gegeben.

Ein großes Manko mit Blick auf die Governance des Green Deal bestehe allerdings darin, dass die institutionellen Mandate und das Selbstverständnis der Generaldirektionen nicht ausreichend verändert wurden, um einer koordinierten Umsetzung des EGD in allen Generaldirektionen höchste Priorität einzuräumen. Dies habe zu (internen) Zielkonflikten und Doppelregulierung geführt. Auch gelinge es der EU-Kommission derzeit nicht, die angestrebte internationale Führungsrolle einzunehmen. Die internationale Ebene der Green-Deal-Maßnahmen werde nicht ausreichend mitgedacht. Der VCI schließt daraus, dass unilaterale Maßnahmen anstelle bilateraler oder multilateraler Lösungen treten, etwa bei CBAM (Carbon Border Adjustment Mechanism) oder dem Lieferkettengesetz.

Praktische Lösungen für Übergangszeiten fehlen bislang

Angesichts sehr ambitionierter Ziele fehle es an Lösungen für praktikable Übergangszeiträume, insbesondere im Bereich sichere Energieversorgung und Chemikalienregulierung. Auch bleibe die Kommission hinter ihren eigenen Ansprüchen an bessere Rechtsetzung (Better Regulation) zurück. Im Bereich CSS fehlt dem VCI z. B. ein übergreifendes Impact Assessment. Anstatt innovationsfreundliche und pragmatische Anreize für die Transformation der Industrie zu setzen, versuche die EU-Kommission mit überambitionierten Zielen und Detailsteuerung die Industrie auf Ihren Kurs zu bringen.

Der VCI sieht das kritisch: Bürokratieaufbau und Rechtsunsicherheit schaffen kein geeignetes Klima für mutige Zukunftsinvestitionen.

Nun verschiebe die Zeitenwende, die durch den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine ausgelöst wurde, erneut die politischen Prioritäten. Davon bleibe auch der Green Deal nicht unberührt. Angesichts der ausbleibenden russischen Gaslieferungen seit September 2022 gehe es nun auch darum, die Existenz des Industriestandorts Europa zu sichern. Denn angesichts der Gasmangellage reißen Lieferketten und die License to operate der Chemie sowie die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie insgesamt seien laut VCI bedroht.

Zukunftsinvestitionen geraten durch hohe Energiepreise in Gefahr

Langfristig notwendige Zukunftsinvestitionen würden aufgrund der hohen Energiepreise nicht getätigt. Durch die anhaltend hohen Energiepreise gerate die Kommission mit ihren Transformationsvorhaben jedoch stark unter Druck, da das Wachstumsversprechen angesichts der mangelnden Wettbewerbsfähigkeit durch hohe Energiepreise und Überregulierung nicht eingelöst werden könne. Jetzt komme es für den VCI darauf an, den Binnenmarkt und den Industriestandort EU zu stärken, um in Zukunft Innovationen in Europa zu entwickeln und eine leistungsfähige, nachhaltige Infrastruktur zu erhalten und auszubauen. Dabei müssten die Kernelemente des Green Deal einem Zukunftscheck unterzogen werden. Manches Vorhaben müsse beschleunigt werden (z. B der Ausbau erneuerbarer Energien), anderes neu bewertet beziehungsweise entschleunigt werden (z. B. die Einführung der CO₂-Grenzausgleichsmaßnahmen unter Einbezug der Chemie oder die Industrieemissionsrichtlinie (IED)).

Die Forderungen des VCI auf einen Blick

  • Energiesicherheit stärken und Wettbewerbsfähigkeit der Industrie durch bezahlbare Strompreise sicherstellen
  • Impact Assessments sorgfältig und im Vorfeld der Maßnahmen durchführen
  • Ausreichende Übergangszeiträume mit den betroffenen Stakeholdern vereinbaren
  • Durchsetzung bestehender Regulierungen verbessern
  • Better Regulation konsequent anwenden
  • Innovationen technologieoffen ermöglichen und Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigen
  • Planungs- und Investitionssicherheit gewährleisten
  • Einbindung in internationale Netz- und Regelwerke stärker beachten, um Level-Playing-Field zu wahren und nachhaltige Lösungen zu finden

 

Weitere Informationen sowie die interaktive Grafik des VCI gibt es unter www.vci.de.

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