Safety – im industriellen Kontext meist als funktionale Sicherheit verstanden – bezeichnet den Schutz von Menschen, Maschinen und Umwelt vor unkontrollierten technischen Risiken, die durch den bestimmungsgemäßen oder fehlerhaften Betrieb von Maschinen, Anlagen oder Steuerungssystemen entstehen können. Ziel ist es, Gefährdungen frühzeitig zu erkennen, Risiken zu minimieren und einen sicheren Zustand durch technische Maßnahmen, Systeme und organisatorische Abläufe herzustellen oder aufrechtzuerhalten.
Begriffsabgrenzung: Safety vs. Security
Wichtig ist die begriffliche Trennung zwischen Safety und Security. Während Safety den Schutz vor unbeabsichtigten Fehlern, Störungen und Ausfällen behandelt, bezieht sich Security auf die Abwehr vorsätzlicher Angriffe und Manipulationen – etwa durch Cyberbedrohungen. Beide Konzepte greifen zunehmend ineinander, insbesondere in vernetzten Industrie-4.0-Umgebungen, wo Sicherheitsfunktionen (Safety) potenziell durch Cyberrisiken (Security) kompromittiert werden können.
Technologische Grundlagen der funktionalen Sicherheit
Die technische Umsetzung von Safety-Anforderungen basiert auf international genormten Richtlinien, insbesondere der IEC 61508 (Grundnorm für funktionale Sicherheit), IEC 62061 (Sicherheit in Maschinensteuerungen) und ISO 13849 (Sicherheit von Maschinen). Diese Normen definieren systematisch, wie sicherheitsbezogene Steuerungssysteme zu konzipieren, umzusetzen und zu validieren sind. Zentrale Konzepte sind:
- Sicherheitsfunktionen (SIF – Safety Instrumented Functions): definierte Maßnahmen, die im Gefahrenfall eine sichere Reaktion auslösen.
- Sicherheitsintegritätslevel (SIL bzw. PL – Performance Level): Maßzahlen zur Bewertung der Zuverlässigkeit sicherheitsrelevanter Funktionen.
- Fail-Safe-Design: Gestaltung von Systemen mit dem Ziel, im Fehlerfall automatisch in einen sicheren Zustand überzugehen.
Typische Safety-Komponenten sind Not-Aus-Schalter, Lichtschranken, Türverriegelungen, Sicherheitssteuerungen, Notentlüftungen, aber auch komplexe SIL-zertifizierte Leittechniksysteme und redundante Sensor-/Aktorkonfigurationen.
Safety in der Automatisierungs- und Prozessindustrie
In der Automatisierungstechnik ist Safety fester Bestandteil der Systemarchitektur. Moderne Sicherheitssteuerungen sind programmierbar, modular und netzwerkfähig – sie erlauben die Integration von Safety-Funktionen in bestehende Steuerungs- und Feldbusstrukturen (z. B. via PROFIsafe, FSoE, CIP Safety oder openSAFETY). In der Prozessindustrie kommen häufig Safety Instrumented Systems (SIS) zum Einsatz, die unabhängig von der Prozessleittechnik aufgebaut sind und gezielt sicherheitsrelevante Funktionen übernehmen – etwa Druckentlastung, Notabschaltung oder Inertisierung.
Die zunehmende Modularisierung (z. B. durch MTP) stellt neue Anforderungen an Safety-Konzepte, da auch Sicherheitsfunktionen flexibel orchestriert und modular zertifiziert werden müssen. Parallel dazu werden Safety-Systeme zunehmend mit Diagnosefunktionen, Zustandsüberwachung und Fernzugriff kombiniert – was neue Chancen, aber auch Risiken mit Blick auf Security schafft.
Herausforderungen und Entwicklungsperspektiven
Zu den zentralen Herausforderungen in der Safety gehören die Komplexität technischer Systeme, die Gewährleistung von Normkonformität, die Dokumentationspflicht sowie die Systemintegration über Hersteller- und Technologieschnittstellen hinweg. Hinzu kommt der Anspruch, Safety und Security harmonisiert zu betrachten. Auch der steigende Bedarf an flexiblen, skalierbaren Sicherheitskonzepten in modularen oder hochvernetzten Umgebungen erfordert neue Ansätze – etwa durch virtuelle Sicherheitszonen, softwaredefinierte Safety-Elemente oder KI-gestützte Diagnosemethoden.
Der Mensch bleibt dabei ein kritischer Faktor: Ergonomische Gestaltung, Bedienfehlerprävention und Schulung sind essenziell für eine wirksame Sicherheitsstrategie.
Schlussbetrachtung
Safety ist weit mehr als eine gesetzliche Verpflichtung – sie ist Voraussetzung für vertrauenswürdige, resiliente und produktive industrielle Systeme. In der Automatisierungstechnik entwickelt sich funktionale Sicherheit zunehmend von der hardwarezentrierten Abschaltung hin zu einer intelligent vernetzten, softwaregestützten Sicherheitsarchitektur. In Kombination mit Security, Modularisierung, Diagnostik und datenbasierten Methoden wird Safety zum integralen Bestandteil digitaler Prozesssysteme. Der Schlüssel liegt in der Integration – technisch, methodisch und organisatorisch – um Sicherheit auf allen Ebenen zuverlässig, flexibel und wirtschaftlich umzusetzen.
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