Machine Learning (ML) – auf Deutsch „maschinelles Lernen“ – ist ein Teilgebiet der künstlichen Intelligenz (KI), das sich mit der automatisierten Erkennung von Mustern in Daten und der darauf basierenden Generierung von Entscheidungsmodellen beschäftigt. Im Gegensatz zu klassisch programmierten Systemen, bei denen Regeln explizit vorgegeben werden, ist Machine Learning in der Lage, Regeln selbstständig aus Daten zu extrahieren und sein Verhalten anhand von Erfahrungen zu verbessern. In industriellen Anwendungen wird ML eingesetzt, um komplexe Zusammenhänge zu analysieren, Vorhersagen zu treffen, Anomalien zu erkennen oder Prozesse zu optimieren – besonders dort, wo klassische Modelle aufgrund von Nichtlinearitäten, Störgrößen oder dynamischen Bedingungen an ihre Grenzen stoßen.
Lernarten und Algorithmen
Machine Learning lässt sich grundsätzlich in drei Hauptkategorien unterteilen: überwachtes Lernen (Supervised Learning), unüberwachtes Lernen (Unsupervised Learning) und bestärkendes Lernen (Reinforcement Learning).
Beim überwachten Lernen werden dem Algorithmus Trainingsdaten mit bekannten Ergebnissen vorgegeben. Ziel ist es, eine Funktion zu approximieren, die neue, unbekannte Eingaben korrekt klassifiziert oder vorhersagt. Typische Algorithmen sind Entscheidungsbäume, Support Vector Machines, Random Forests oder neuronale Netze. Anwendungen reichen von Qualitätserkennung über Energieverbrauchsprognosen bis hin zur Predictive Maintenance.
Unüberwachtes Lernen arbeitet mit Daten ohne bekannte Zielwerte. Es dient der Mustererkennung, Segmentierung oder Dimensionsreduktion – beispielsweise zur Clusteranalyse von Maschinendaten oder zur Erkennung atypischer Betriebszustände.
Bestärkendes Lernen ist ein Ansatz, bei dem ein Agent in einer Umgebung agiert, Rückmeldung in Form von Belohnung oder Bestrafung erhält und so sukzessive eine optimale Strategie lernt. In der Industrie wird es vor allem in der Robotik und in simulationsbasierten Steuerungsverfahren eingesetzt.
Machine Learning in der Automatisierungstechnik
In der Automatisierungsbranche ist Machine Learning eine Schlüsseltechnologie zur datengetriebenen Prozessoptimierung. Sensor- und Anlagendaten werden genutzt, um Modelle zu trainieren, die Regelstrategien adaptiv anpassen, frühzeitig auf Abweichungen reagieren oder Verschleiß prognostizieren. Besonders relevant ist ML in Szenarien mit hoher Variabilität, wie in Batchprozessen, hybriden Produktionssystemen oder energieintensiven Anlagen. In der Prozessindustrie wird ML in Softsensoren implementiert, die aus indirekt messbaren Parametern auf schwer erfassbare Größen schließen – etwa Viskosität, Produktkonzentration oder Toxizität.
In der Bildverarbeitung und Qualitätssicherung werden Convolutional Neural Networks (CNNs) eingesetzt, um visuelle Fehler mit hoher Präzision zu erkennen. In der Wartung kommt ML im Rahmen von Predictive Maintenance zum Einsatz, etwa durch Klassifikation von Schwingungsdaten oder Abweichungen in Temperaturprofilen. Die Verbindung mit Cloud- oder Edge-Plattformen ermöglicht es, Modelle dezentral zu betreiben und kontinuierlich zu aktualisieren.
Herausforderungen und Anforderungen
Trotz des Potenzials ist der Einsatz von Machine Learning mit spezifischen Anforderungen verbunden. Dazu gehören die Verfügbarkeit großer, qualitativ hochwertiger Datenmengen, die Auswahl geeigneter Features, die Erklärung der Modelle (Explainability) und die Integration in bestehende Systeme. Besonders in sicherheitskritischen Anwendungen ist die Nachvollziehbarkeit der Entscheidungen entscheidend. Zudem müssen Modelle regelmäßig neu trainiert und validiert werden, um bei sich ändernden Bedingungen valide zu bleiben – ein Prozess, der MLOps (Machine Learning Operations) notwendig macht.
Auch datenschutzrechtliche Fragen sowie IT-Sicherheit spielen eine wichtige Rolle – insbesondere, wenn sensible Produktions- oder Kundendaten verarbeitet werden. Die Kombination von Fachwissen aus Prozess-, Daten- und Softwaretechnik ist daher entscheidend für den erfolgreichen Einsatz.
Schlussbetrachtung
Machine Learning ist ein zentrales Werkzeug für die datengestützte Weiterentwicklung industrieller Systeme – von der Optimierung einzelner Maschinen bis hin zur übergreifenden Produktionssteuerung. Es ergänzt klassische Automatisierung durch Lernfähigkeit, Prognosekraft und Anpassungsvermögen und ist damit ein Enabler für selbstoptimierende, adaptive Systeme. In der Kombination mit IoT, Edge Computing, Cloud-Plattformen und digitalen Zwillingen bildet ML das Fundament für datengetriebene Wertschöpfung in der Industrie. Der Schlüssel liegt jedoch nicht nur in der Technologie, sondern im Zusammenspiel aus Datenstrategie, Systemintegration und domänenspezifischem Prozessverständnis.