Die 4…20 Milliampere-Stromschleife ist ein international weit verbreitetes Analogsignal in der industriellen Mess- und Automatisierungstechnik. Es handelt sich um ein standardisiertes elektrisches Übertragungsverfahren, bei dem ein Messwert über den Stromfluss in einem geschlossenen Stromkreis zwischen Sensor (Messumformer) und Auswerteeinheit (z. B. SPS, Regler, Aktor) übertragen wird. Der kleinste messbare Wert entspricht dabei einem Strom von 4 mA, der größte einem Strom von 20 mA. Dieser Bereich wird linear skaliert – etwa auf Temperatur, Druck, Füllstand oder Durchfluss.
Die 4…20 mA-Schnittstelle ist besonders robust gegenüber elektrischen Störungen und Spannungsabfällen und eignet sich daher für industrielle Umgebungen mit großen Entfernungen und elektromagnetischen Störeinflüssen. Zudem ermöglicht sie den gleichzeitigen Transport von Messwerten und Hilfsenergie über dieselben Leitungen, insbesondere in 2-Leiter-Systemen.
Technischer Hintergrund und Funktionsweise
Im Gegensatz zu spannungsbasierten Signalen (z. B. 0…10 V) nutzt die Stromschleife einen konstanten elektrischen Strom als Träger der Information. Die Stromstärke im Stromkreis wird durch den Sender geregelt und vom Empfänger über einen Lastwiderstand in eine Spannung umgewandelt, die der nachgeschaltete Eingang auswertet.
Beispiel: Ein Messumformer für Temperatur gibt bei 0 °C einen Strom von 4 mA aus, bei 100 °C 20 mA – entsprechend einer linearen Skalierung von 0 °C = 4 mA bis 100 °C = 20 mA. Jeder Wert dazwischen lässt sich ebenfalls eindeutig abbilden.
Die untere Grenze von 4 mA (anstelle von 0 mA) dient als Live-Zero-Signal: Ein Strom von 0 mA zeigt eine Störung (z. B. Drahtbruch, Geräteausfall) an, während 4 mA bereits den minimalen Messwert darstellen. Damit lässt sich eine fehlerhafte Signalübertragung eindeutig von einem gültigen Minimalwert unterscheiden.
Varianten und Erweiterungen
Neben der klassischen 4…20 mA-Schleife existieren mehrere Erweiterungen und Protokolle, die auf ihr aufbauen:
- HART (Highway Addressable Remote Transducer Protocol): Ein aufmoduliertes digitales Kommunikationsprotokoll, das es erlaubt, über dieselbe 4…20 mA-Leitung zusätzliche Geräteinformationen (z. B. Kalibrierdaten, Diagnoseinformationen) zu übertragen.
- NAMUR-Schnittstellen: Bei eigensicheren Anwendungen in explosionsgefährdeten Bereichen regelt die Norm DIN EN 60947-5-6 die zulässigen Strom- und Spannungswerte für Sensoren mit 4…20 mA-Ausgang.
- 2-Leiter-, 3-Leiter- und 4-Leiter-Technik: Die Ausführung der Stromschleife hängt davon ab, ob der Sensor seine Energie direkt aus dem Messsignal (2-Leiter) bezieht oder über zusätzliche Versorgungsspannung versorgt wird.
Einsatzgebiete und Vorteile
Die 4…20 mA-Signalübertragung ist in nahezu allen Bereichen der Prozess- und Fertigungsindustrie verbreitet – etwa in der chemischen Verfahrenstechnik, Wasserwirtschaft, Energietechnik oder Lebensmittelindustrie. Typische Einsatzfelder sind:
- Prozesssensorik (Temperatur, Druck, Durchfluss, Füllstand)
- Aktoren (z. B. Stellventile mit Stromregelung)
- Fernübertragung von Signalen über große Strecken
- Sicherheitsgerichtete Anwendungen durch hohe Störsicherheit
Vorteile der 4…20 mA-Technik sind:
- geringe Störanfälligkeit gegenüber elektromagnetischen Einflüssen
- einfache lineare Skalierung und Analog-Digital-Wandlung
- Energieversorgung des Sensors über dieselbe Leitung (2-Leiter)
- einfache Fehlerdiagnose bei Signalverlust
Schlussbetrachtung
Die 4…20 mA-Stromschleife ist ein robuster, normierter und weltweit etablierter Standard zur analogen Signalübertragung in der Automatisierungstechnik. Trotz zunehmender Digitalisierung und Ethernet-basierter Feldbussysteme bleibt sie in vielen Anwendungen unverzichtbar – insbesondere dort, wo Sicherheit, Einfachheit und Zuverlässigkeit im Vordergrund stehen. Die Kombination aus analogem Übertragungskanal und digitaler Zusatzkommunikation (z. B. über HART) macht die 4…20 mA-Schnittstelle weiterhin zu einem zentralen Bindeglied zwischen Feldgerät und Leittechnik – analog, aber zukunftsoffen.
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